Covid 19: Ist Desinfektion tatsächlich nötig?

(Ein Beitrag zur Meinungsbildung, von Andreas Beutgen)

Auch in den Schulen wird immer wieder über die Frage diskutiert, ob denn “genügend Desinfektionsmittel” vorhanden sind oder ob man die Tische und Stühle oder gar die Flure jeden Tag desinfizieren muss. Gerade vor dem Hintergrund der Öffnung der Schulen ist das Thema interessant.

Es geht hier nicht darum, Öl ins Feuer zu gießen und gegen ein Argument anzureden, “… dass das Robert-Koch-Institut anfangs auch Mund-Nase-Schutzmasken nicht für sinnvoll hielt und wir nun eine Maskenpflicht haben – und so könnte es auch bei dem Thema Desinfektion kommen”, sondern hier soll auf ein paar Dinge zum Nachdenken hingewiesen werden.

Zunächst: Im “Merkblatt für Bildungseinrichtungen” der BZgA (BundesZentrale für gesundheitliche Aufklärung) ist nicht von Desinfektion die Rede (s. https://www.infektionsschutz.de/fileadmin/infektionsschutz.de/Downloads/Merkblatt-Bildungseinrichtungen-Coronavirus.pdf)

Aber schauen wir genauer hin:

Das Robert-Koch-Institut schreibt unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html zwar unter “Übertragungswege” :

Kontaktübertragung: Eine Übertragung durch kontaminierte Oberflächen ist insbesondere in der unmittelbaren Umgebung des Infizierten nicht auszuschließen (10), da vermehrungsfähige SARS-CoV-2-Viren unter bestimmten Umständen in der Umwelt nachgewiesen werden können (3) (Siehe Punkt „Tenazität“). Bei COVID-19-Patienten wurden vereinzelt auch PCR-positive Stuhlproben (11-13) identifiziert. Für eine Ansteckung über Stuhl müssen Viren jedoch vermehrungsfähig sein. Dies konnte bisher zwar in einer Studie gezeigt werden, aber auch da gelang der Nachweis eher selten (14).

Eine andere Quelle findet sich im “Bundesinstitut für Risikobewertungen” (BFR), das klar Stellung bezieht, indem es sich nicht auf theoretische Möglichkeiten bezieht, sondern auf Beobachtungen.
Unter  https://www.bfr.bund.de/de/kann_das_neuartige_coronavirus_ueber_lebensmittel_und_gegenstaende_uebertragen_werden_-244062.html steht unter “Sind auch andere Übertragungswege möglich?”

Es gibt derzeit keine Fälle, bei denen nachgewiesen ist, dass sich Menschen auf anderem Weg, etwa über den Verzehr kontaminierter Lebensmittel oder durch Kontakt zu kontaminierten Gegenständen mit dem neuartigen Coronavirus infiziert haben. Auch für andere Coronaviren sind keine Berichte über Infektionen durch Lebensmittel oder den Kontakt mit trockenen Oberflächen bekannt. Übertragungen über Oberflächen, die kurz zuvor mit Viren kontaminiert wurden, sind allerdings durch Schmierinfektionen denkbar. Aufgrund der relativ geringen Stabilität von Coronaviren in der Umwelt ist dies aber nur in einem kurzen Zeitraum nach der Kontamination wahrscheinlich.

Diese Beobachtung wird auch von Dr. Streeck von der Uni Bonn bestätigt. Er hat bei seiner Untersuchung in Heinsberg KEINE aktiven Viren auf Oberflächen gefunden. Diese Tatsache wird sicher noch weiter untersucht, aber z.B. im Interview mit der Zeit vom 6.4.2020 ist zu lesen:

(vgl https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2020-04/hendrik-streeck-covid-19-heinsberg-symptome-infektionsschutz-massnahmen-studie/komplettansicht)

Streeck: Wir haben Viren auf Gegenständen oder Türklinken gefunden. Auch einmal im Toilettenwasser, wenn jemand Durchfall hatte. Es ist uns aber in keinem Fall gelungen, daraus intakte Viren anzuzüchten. Das deutet zumindest darauf hin, dass sich die meisten Menschen nicht über Oberflächen anstecken.

„Das bedeutet, dass wir die RNA von toten Viren nachgewiesen haben“, so Streeck weiter. (aus https://www.deutschlandfunk.de/covid-19-wie-lange-sich-das-coronavirus-auf-oberflaechen.1939.de.html?drn:news_id=1126490.) Dort findet sich auch:

Nach seinen bisherigen Forschungsergebnissen sieht es für ihn so aus, „dass eine Türklinke nur infektiös sein kann, wenn vorher jemand quasi in die Hand gehustet und dann draufgegriffen hat.“ Danach müsse man selbst auf die Türklinke greifen und sich ins Gesicht fassen. Wie lange sich das Virus etwa auf einer Türklinke hält, könne man noch nicht sagen, weil es solche Studien noch nicht gebe. Aber: „Wir waren in einem Haushalt, wo viele hochinfektiöse Menschen gelebt haben, und trotzdem haben wir kein lebendes Virus von irgendeiner Oberfläche bekommen.“

Die gleiche Aussage findet sich im Interview unter https://youtu.be/VP7La2bkOMo?t=231 ab Minute 3:51 mit dem Titel “Virologe Streeck kritisiert bei Lanz Corona-Maßnahmen“.

Lassen wir das mal so stehen…

Drei Aspekte gehören unbedingt noch in die Überlegungen:

  1. Für das Waschen ist kein warmes Wasser erforderlich – gründliches Waschen mit kaltem Wasser genügt. (vgl. “Die Wassertemperatur hat keinen Einfluss auf die Reduktion der Mikroorganismen. Daher sollte die individuell angenehme Wassertemperatur gewählt werden. Viel wichtiger sind die Dauer des Händewaschens und das Maß der Reibung beim Einseifen der Hände.”- aus https://www.infektionsschutz.de/haendewaschen.html#c6352, eine Informationsseite des BZgA)
  2. Man muss, damit es wirkt, auch das richtige Desinfektionsmittel nehmen – nicht jedes hilft in jedem Fall.
  3. Wir sollten immer bedenken, dass der intensive Einsatz von Desinfektionsmitteln gerade in den Krankenhäusern – wo es wirklich nötig ist – zur Bildung der sogenannten “Krankenhauskeime” geführt hat. Es ist zu überlegen, ob man WIRKLICH Desinfektionsmitteln in Schulen benötigt (!)

Ich wünsche Ihnen eine gute Gesundheit!

Ihr Andreas Beutgen